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Staffel 6 (100)/ 11

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 10 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Die Plötzlichkeit aus dem Nichts

Wieder einmal – NICHTS!

Diese Substanzlosigkeit ist mit schwammigen Vorstellungen von einem Bewusstsein restlos überfordert, auf sich selbst reduziert und somit als Dasein theoretisch kompromittiert. Will heißen NICHTS ist eine gedankenlose Leere.

Von nichts kommt nichts – denkt das Volk – allerdings nur, solange diese Schlussfolgerung durch Politiker nicht in Frage gestellt wird. Wir wollen uns zwar nicht auf deren Niveau herablassen, denn wir behaupten auch ständig, das Nichts sei trächtig: Typisches Beispiel für gleiche, dennoch nicht kongruente Inhalte.

Wieder einmal – JETZT!

Mit einem Feuerwerk – jedenfalls während des großen Knalls, wo der Fluchtpunkt einer kosmischen Perspektive gesetzt wurde – begann unsere Vergangenheit. Hier aber, wahrlich an dieser Stelle und gerade jetzt, streckt sich die Gegenwart in zeitgenössischem Dasein aus. JETZT stellt den alles zu vergegenwärtigen bemühten Zeitpunkt dar, den es beinahe nicht gibt. Die Brücke zwischen Gewesenem und Werdendem scheint ein hastiges JETZT zu sein – ein Kompromiss beharrlicher Dringlichkeit.

 Hier kommen wir auf den GEDANKEN!

Endlos im Einsatz überschlägt sich das JETZT gleich nach seinem Auftauchen, um zähe Anhäufungen von Gegenwart zu unterbinden. Ein jeweiliges Jetzt schlüpft als Simulation von Fortsetzung, trivial und ohne Dauer, dennoch immer im Mittelpunkt der endlosen Kette chronischer Augenblicke. Und freilich ist das Zentrum des Bewusstseins und somit des DENKENS – das JETZT! Wie das?

Ein im Äther eigener Weltanschauung aufkeimender Gedanke schwillt an, gart und reift, zündet aber nicht etwa davor oder danach, sondern simultan im eigenen JETZT. Der abrupte Punkt fixiert den Geistesblitz. Demgemäß manifestiert sich die kontinuierliche Gehirnarbeit durch einen Reigen umgehender Zäsurpunkte.

Der Schlussfolgerung zuliebe, holen wir aus:

Die Zeit stellt eine Ewigkeit aus der Sicht eines Augenblickes dar.

Der Augenblick selbst kann eine Ewigkeit dauern.

Mit sich selbst verglichen dauert die Ewigkeit nur einen Augenblick.

Jeder Augenblick ist für einen Moment im Mittelpunkt.

Ergo zündet Intelligenz nicht im NIRGENDWO sondern im Mittelpunkt.

Der menschliche Geist erblüht im Durchschnitt, irgendwo zwischen schleichender Langwierigkeit und knallharter Spontanität. Schließlich wäre ein zögerlicher Gedanke die reinste Verschwendung von Plötzlichkeit!

 

Staffel 6 (99)/ 10

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 9 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Sehnsucht nach realer Wirklichkeit

Wie die etablierte Banalität suspekter Zustände in Wirklichkeit und Realität erneut in Frage zu stellen ist. Hierbei bleibt fragwürdig, ob eine Antwort darauf reagiert. Auch wenn wir nicht wollen, dass die hier umrissene Problematik in hilflose Fragerei ausartet, wird ein Hinterfragen doch wohl erlaubt sein. Bereits die hartnäckige Gegenwart des Nichts erscheint bedenklich. Dasein eines Nichts? Ja, ja, uns plagt das Nichts als Thema eines permanenten Widerspruchs; noch ziemlich unausgegoren, aber weit harmloser als das unmittelbare Vorhandensein manch berüchtigter Kontraste:

                               Was ist nun Wirklichkeit und was Realität?

Diese Frage wiederum kann die Paradoxie kaum vermeiden, weil sich im Paradoxen das Orthodoxe spiegelt. So auch hier: In ihrer Reflexion erscheint die Realität allzu oft als optische Täuschung der Wirklichkeit.

Gleich eine naive Frage zur Unschuld der Ungewissheit: Warum kann die stets belastende Realität keine unbeschwerte Wirklichkeit sein?

Die Hilflosigkeit einer Antwort darauf mag zwar in Mühseligkeit ausarten, fundierte Befunde am Rande gefasster Diagnosen vermögen jedoch eine gewisse Zuversicht zu wecken: „Die fortschleichende Entropie sorgt für das gleichmäßige Zerbröseln und die Vertreibung der universellen Polaritäten, da sie sich durch die glättende Unordnung angleichen – flachgebügelte Gegensätze, die sich bloß scheinbar, doch nicht ernsthaft widersprechen“.

„Was heißt das? Was hat hier die Entropie zu suchen?“

„Gar nichts, aber in Gutachten kommt so etwas vor!“

Frei übersetzt lässt sich das so lesen: Wenn die sprunghafte Realität zum Stillstand gebracht wird, dürfen wir uns auf eine gleichmäßige Dauerwirklichkeit verlassen. Großartig! Bestimmt gibt es dann auch eine Wirklichkeit ohne Realität. Ein weiteres Paradoxon? Schauen wir uns das an. Wägt man z. B. die Zeit mit der Dauer ab, stellt sich heraus, dass letztere darauf ausgerichtet ist abzuwarten, was mit der Zeit passiert. Sonach vergeht keine Zeit, wenn die Dauer aufs Warten verzichtete und sich auf das Sein des eigenen Weilens konzentrierte! Folglich könnte Dauer unabhängig vom stillgelegten Zeitverlauf existieren. Ob es dann auch Wirklichkeit ohne Realität gäbe? Schön wär’s, aber kann es der Verstand mit dieser Unvereinbarkeit aufnehmen?

Was weiß schon der Mensch? Etliches wird in der Zwiespältigkeit unzuverlässiger Antagonismen reflektiert, die den Rang eines ehrbaren Dualismus bei weitem nicht erreicht haben. Ein Beispiel dafür wäre die Individualität. Wer hätte gedacht, dass Kontradiktionen im Widersinn miteinander verschmelzen und dennoch im Amt bleiben?

Was auch immer das heißt – es gilt auch ohne Besserwisserei.

 

Staffel 6 (98)/ 9

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 8 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Zeitlosigkeit für flexible Illusionen

Der Verfasser sinniert: Wer mit der Zeit geht, ist nicht von Dauer. Zeitlos sein ist das bessere Los.

Bei näherer Betrachtung ist jedoch Zeitlosigkeit lediglich die nihilistische Version von Dauer mit minderwertigem Umfang. Möchtegern-Zeitloser ist auch keine Lösung, wobei sein spärlicher Klatschbestand kaum dem Rieseln der siamesischen Sandzwiebel14 gelten dürfte. Immerhin ist jede aufgewandte Sekunde erheblich vergänglicher als das ihr zugehörige Sandkorn. Was die Vermutung nahe legt, dass ein ausschließlicher Anspruch auf Zeitlosigkeit abwegig ist. Wer dennoch zustimmt, kränkelt an Größenwahn, bei dem die Größe in dem Maß abnimmt wie der Wahn zunimmt.

Melancholischer Versuch eines Poeten, sich einen Reim darauf zu machen:

Zu Wüsten in Mengen verronnen

verschwindet prunklos das Abgezählte

im Treibsand der Vergangenheit.

Nüchterne Stimmen glauben es besser zu wissen: Von wegen Treibsand im Uhrwerk – nur chronischer Verlustbedarf. Eine schrumpfende Illusion duldet kein „aber“! Realität breitet sich aus. Nichtsdestotrotz mischt die Poesie mit! Mit tänzelndem Leichtsinn versucht sie die Lage zu besänftigen. Vorgespiegelte Kreativität soll den Mangel an Talent aufwiegen! Wenn der Dichter sich dabei der Zeit entledigte, träfe er auf günstigeres Künstlergeschick, indem er sich der Dauer anbiederte. Denn auf Dauer könnte so auch mal ein der Realität trotzendes Gedicht entstehen. Wie gesagt, zeitlos zu sein, wäre das bessere Los.

Weitere Ungereimtheiten: Je kleiner etwas wird, umso mehr schwindet seine Größe. Je mehr etwas nicht ist, desto weniger ist es etwas. Ist doch das auf den Punkt gebrachte kleinste Etwas nie ganz Nichts. Wenn aber eine Illusion gleich einer Seifenblase zerplatzt und aus allem Sein verschwindet, dann ist etwas ohne Selbst – ein Sprenkel im Bildrahmen zeitentfremdeter Gedanken! Kleckse, Flecken und Makel bemühen sich zwar auch um den Status der Zeitlosigkeit, doch hängt auch bei einem Bild dessen zeitlose Fläche vom Format ab. Was Format hat, ist unbegrenzt. So wie großartige Profile schließlich einer anderen Logik folgen, die ihrerseits mit ihren eigenen Mitteln umgangen werden kann: zu bemerken an dem mit der Kopflastigkeit geschlossenen Waffenstillstand.

 

Staffel 6 (97)/ 8

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 7 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Parallele Realitäten

Die zweifelhafte Begegnung nicht anpassbarer Zeitgenossen.

Anstatt dass ein fortwährender Wunschtraum endlich in Erfüllung geht, breitet sich Frust im Raum-Zeit-Kontinuum aus. Denn permanent kennt kein Ende und man hofft auf irgendwann im Ewigen. Assoziativ belebt sich an dieser Stelle die Debatte um die zwangsläufige Zeit und ihre Unzulänglichkeiten.

Es wird behauptet: Das Gewesene ist gewesen ehe das Ungewesene zu werden sich bemüht hat. Die werdende Zeit wird erst gewesen sein, wenn sie in gewordener die vergangene war. Fazit: Nichts war, bevor es nicht wurde.

Zum Konglomerat aus meinungsaustauschbaren Ansichten über das Thema gesellen sich unvermutet ein Davor und ein Danach – eindeutig aus dem Stamm der Begriffe, die dem Tätigkeitsbereich der Dauer verpflichtet sind: Wir haben hier ein NICHTS davor bevor ein ETWAS danach entstand. Woraus die Andeutung einer Reihenfolge nachvollzogen werden kann. Was der Reihe nach passiert und nicht etwa umgekehrt geschieht, präsentiert sich als Ritt auf dem Zeitpfeil in vorbestimmter Richtung. Ergo kalkuliert die Zeit parteilich, aber dennoch logisch! Wie sonst dürfen wir meistens nach dem einen, vor dem anderen sein?

Was in der bildlichen Darstellung geschieht, dokumentiert die Diskrepanz:

Die sehnsüchtig angestrebte Begegnung von Zeitgenossen differierender Welten scheitert am nicht kongruenten Uhrenvergleich. Dem Verweilen in gleichzeitigem Dasein fehlt es an kompatibler Präsenz. Sanduhren extraterrestrischer Fabrikate rieseln asynchron zu heimischen Produkten. Andere Mentalitäten – andere Maße, würde man meinen. Subjektive Auffassungen verdeutlichen die Differenzen in den jeweiligen Empfindungen. Doch weit gefehlt! Denn die gesamte Konstellation begünstigt kein historisches Rendezvous, schon gar kein Davor oder Danach um die Pünktlichkeit herum. Deswegen wird die Zeit bisweilen als unbelehrbar relativ getadelt.

Soweit, so klar. Aber nimmt die Zeit ab oder nimmt sie zu? Wie viel davon gibt es überhaupt?

Unmöglich, dahinter zu kommen! Der Gedanke liegt nicht fern, die Zeit sei ein Hirngespinst und diene völlig aus der Dauer gegriffen dazu, Fristen durchzusetzen. In Zahlen zerlegbar und ohne erkennbaren Nachschub zertickt sie sich unaufhörlich. Obwohl sie vorübergeht, hört sie nie auf. Bis in alle Ewigkeit dauert der Flug des urgeknallten Pfeils, der seinen Weg vom Fraglichen zur Endlosigkeit mit Langweile pflastert.

Das Auftreten einer Dilatation13 seitlich der ganzen Linie ist beliebig irrelevant. Diese Dilatation manifestiert sich darin, dass die Zeit für manche schnell und für andere noch schneller vergeht. Eine von Pünktlichkeit abhängige Gegenwart wird durch willkürliche An- und Abwesenheiten ad absurdum geführt.

Staffel 6 (96)/ 7

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 6 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Ein schwerwiegendes Etwas

Die atheistische Ader des wissbegierigen Etwas.

Aus der Forschung wissen wir, dass sich der Kreis nicht immer sich nach Wunsch schließt, die Erde sich nicht immer am eigenen Horizont abrundet, und schließlich nehmen wir an, dass das Universum nicht auf seine Unendlichkeit limitiert sein muss. Mehr und mehr häufen sich Erkenntnisse darüber, dass der Urknall eine nicht versiegende Quelle von spekulativen Unmöglichkeiten darstellt. Im Ganzen betrachtet ist daher offensichtlich: Es existiert ein das Nichts übertreffendes Äquivalent. Die begleitenden Faktoren des Seins vermengen und verkomplizieren sich kontinuierlich. Aus der kurzsichtigen Perspektive unserer Erde konzentrieren sie sich hauptsächlich in ihrer Umgebung. Abseits zwingender Unbedingtheit hofft man mit gemischtem Wissen mehr zu entdecken.

Nun schleicht die Zeit unaufhörlich im Raum herum. Ewigkeit und Endlosigkeit bestimmen die Dimensionen. Jedenfalls gilt als sicher, dass das zeitlich Dahinschleichende – in ernstzunehmendem Bund mit dem Raum und durch seine Unermesslichkeit – seit Äonen die Geschicke des Alls zu kontrollieren versteht. Allerdings gibt es da ein paar in der Unendlichkeit verteilte Spielverderber: Die Schwarzen Löcher9! Diese Mülleimer des Universums bilden das Horrorszenario für Materie und Blasphemie: Ein gewaltiger Gezeitenstau, ohne Tempo auf Nullkommanichts zusammengedrängt, keine Substanz, nur massenhaft auf den Punkt gebrachter Abfall. Das Universum entlaust sich selbst im Bestreben, Sonstiges zu annihilieren. Annullierte Nichtigkeiten und dergleichen Tautologien werden entsorgt und dem Nichts zurückgeführt wie in Essig aufgelöste Schatten der Geschichte. Hoffnungsvoll tröstliche Aussichten einer im eigenen Kreislauf gefangenen Forschung auf unserem Planeten. Aufkeimende Erkenntnisse werden indirekt auf das Universum übertragen.

Ansonsten scheint sich der Kosmos in kooperativer Harmonie zu befinden, sofern gebührender Abstand zum fatalen Ereignishorizont10 eingehalten wird. Erfahrungsgemäß lauert dahinter die Singularität11 – als schwerwiegendste Prothese der Entstehung, die als Antithese zum Nichts entsteht und in dieses Paradoxon entrückt. Anders ausgedrückt: Das Universum bleibt vorläufig in seiner Unermesslichkeit verhaftet.

Alles wird gut und die Buthaphorie12 rundet sich ab!

Wodurch das Nichts nicht weniger und das Etwas auch nicht gescheiter wird.

 

Staffel 6 (95)/ 6

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 5 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Seit Anbeginn vorwiegend Mittelmaß

 Durchwachsene Quintessenz: Im Vakuum rührt sich etwas.

Dann vermengt sich Etwas und die Leere ist voll. Und was haben wir davon?

Was die Geschichte zu mildern versucht:

Verstand reduziert Entstandenes auf Sichtbares.

Aberglaube erhält Nichtverstandenes aufrecht.

Widersprüche werden in Zweckwunder hineininterpretiert.

Im Eifer tausend heilige Worte gleichzeitig ausgesprochen.

Drohendes Ertrinken im Wortschwall.

Welt durch Zuckerbrot und Peitsche fortwährend gezügelt.

Und andere Welten? Größenwahnsinn!

Soweit die Lage vor dem Universum!

Später erfolgte im Fortgang der Geschichte zuvor ein Urknall7.

Seit diesem Wink erwarb das Jenseits den Status eines unendlichen Universums. Irgendwo dazwischen – inmitten von Chaos, Dunkler Materie und fernen Supernovae – erlangte unser auf einen verlorenen Punkt reduziertes Dasein die wacklige Gewissheit, dass wir es mit der Großen Wahrheit zu tun haben!

Ob dieser Happen nicht ein wenig zu groß ist?

Da auf der anderen Seite der Medaille lediglich ein kleiner Kontrapunkt zum absolut Großen überlebt hatte, drängten sich auf diesem Standpunkt unserer begrenzten Welt all die soliden, scheinbaren, intakten, glaubwürdigen, größenwahnsinnigen, offensichtlichen und subjektiven Teilwahrheiten zusammen. So betrachtet gelten hier, auf dem Rücken der Großen Wahrheit, die kleinen Wahrheiten – als Teile einer ausgedehnten Ahnung von Etwas im Nichts. Womit auch Gott nur eine Teilwahrheit wäre; wie auch das rätselhafte Multiversum nur eine (allerdings unendliche) Teilwahrheit ist. Die Wissenschaft deckt andere Teilwahrheiten auf; die Wahrsagung erfindet welche; die Politik hat ein taktisches Verständnis von Wahrheit. Ja, und was noch?

Während sich die Fantasie bemüht, Vorstellungen von Großartigem zu formen, sorgt gleichzeitig eine mentale Entropie8 kontinuierlich für Mittelmäßigkeit.

Und mangels anderem bleibt inmitten dieser grandiosen Bedeutungslosigkeit nur die Hoffnung.

Staffel 6 (94)/ 5

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 4 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Der Pegasus und das Nichts

Etwas und nicht wieder nur Nichts. Wobei weder dies, was ist, noch jenes, was sein soll, dem Bewusstsein ausreichend zugänglich ist. Und dennoch Anlass zu Bedenken gibt: Weil DAS NICHTS ein philosophisches ETWAS zu sein scheint, welches zu nichts führt. Doch im Superangebot einer Unendlichkeit kann es kein bloßes Nichts geben. Weil darin alles, aber auch ALLES erfasst ist – auch das Unvorstellbare. Neben Nichts gibt es nichts, was es nicht gibt.

Mühelos ist darin der Pegasus6 zu erkennen. Der die Mythologie beschwingt durchquerende Leichtsinn kommt einem fast schon selbstverständlich vor. Belanglos bleibt, ob sich seine Gegenwart vor oder nach unserer Zeit im Bild visualisiert – im eigenen Moment verhält sich das Pferd loyal zum angebotenen Dasein und erscheint pünktlich JETZT vor Ort. Will heißen, der Pegasus kommt synchron zu seiner Präsenz da und jetzt an. Von diesem Fragment aus betrachtet, ist er laut Protokoll momentan gerade dort, wo auch da sei. DA und DORT zugleich? Wenn hier alles vorkommt, kann auch so etwas sein!

Das schleppt sich folgendermaßen hin: Obwohl DORT hier wäre, wenn DA dort sei, ist DA seltener DORT. Falls DORT zu DA her und DA zu DORT hin tauschen würden, wechselte ein Sein vom DORT zum Sein im DA und umgekehrt. Wo DA und DORT jeweils dem DORT und DA gegenüber als Ort zu identifizieren ist, findet unweigerlich ein HIER statt.

Wenn also etwas einmal angekommen ist, ist sein Hiersein nicht anderswo.

So einfach ist das!

Der Pegasus ist JETZT – also zugleich HIER gelandet. Sichtlich verstimmt darüber, im Hier nichts vorzufinden, kokettiert er dennoch mit dem leeren Abstrakt. Lustlos dichtet Pegasus ein wenig, doch sein lyrischer Ansatz entschwindet ungereimt im Unvorhandenen! Bedauerlich nur, dass im JETZT – dem nichtigen Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft – es der Poesie an Gemächlichkeit fehlt. Im Ernst: Kann ein Gedicht in der anämischen Dauer eines flüchtigen Augenblicks auf Ewigkeit Früchte tragen?

N.B. Gibt es nicht zu denken, dass die Bagosophie unter all dem Disponiblen einen Pegasus als Konstante mitmischen lässt? Wer weiß schon im Voraus, wozu flatternde Anschauungen zu gebrauchen sind. Selbst die Unbeschwertheit schwebender Hallodris ist kein Garant für die Entschlackung betonierter Gedankengänge, die den Mythos vergessen machen wollen. Schließlich scheint sogar das JETZT ein Zögling der ZEIT zu sein, der in unberechenbarer Permanenz danach strebt, sich ausschließlich um die Altersversorgung seiner Stiefmutter zu kümmern.

Staffel 6 (93)/ 4

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 3 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Das Wurmloch des flüchtigen Sisyphos

Eine andere Auffassung von: Lassen wir das Nichts sein! Oder nicht sein! Weit und breit kein Nichts in Sicht. Ein Universum gehabt sich wohl in mengenhafter Leere, darin die Lichter niemals ausgehen. Eine illuminierte Bühne der Fantasie! Das Rampenlicht bescheint den einsamen, wenn auch nicht einzigen Mittelpunkt im All, von dem aus Sterne zu erblicken sind. Unsere Welt ist nicht dieselbe wie all die anderen, von denen man nicht weiß, welche Wahrheiten dort Geltung haben oder man gar wüsste, was im mystischen Multiversum3 vorgeht. (Ein solches sich vorzustellen fällt leicht, solange man es nicht beweisen muss.) Wenn die Götter auf der Erde zuschlagen, so besteht Hoffnung, dass ihre Schlagkraft anderswo versagt. Die verzweifelte Frage des Sisyphos4, ob sein Stein Sein sei, gleicht dem Versuch, durch ein Wurmloch5 zu entkommen, um so seiner Strafe zu entgehen. Und scheitert doch an der übergeordneten Wahrheit.

Wie sieht nun diese absolute Wahrheit aus – falls es sie geben sollte?

De facto ist die enorme und ganze Wahrheit eine begrenzt harmlose Superlative mit Anspruch auf allumfassende Präsenz. Als ein gefühlloser und selbstherrlicher Begriff mit unbestimmtem Aufenthalt ist sie nicht zu lokalisieren und erst recht nicht zu fassen! Sie ist als Instanz zugleich so nebulös, dass ihre diversen Inhalte, die nur vage voneinander differieren, örtlich bedingten Umständen angepasst werden müssen. Demgemäß erscheinen etwaige Unterschiede überall kontextuell identisch. Aus der Ferne betrachtet erkennt man allerdings in dem, was uns die Wahrheit vorgaukelt, eine kaum zu widerlegende Folgerichtigkeit. Egal welcher Logik wir folgen, müssen wir die Große Wahrheit wohl oder übel als die ausschlaggebende Instanz anerkennen. Ob es Alternativen gibt? Das werden wir gleich erfahren!

Wie auch immer – oder gerade wie immer – entbehren Sisyphos’ Anstrengungen jeglichen Sinnes. Er flüchtet aus einer Realität in eine davon differierende Wirklichkeit, wobei sich, gemäß den obigen Feststellungen, beide prinzipiell kaum voneinander unterscheiden. Trostlose Plackerei! Jenseits aller Hoffnung nichts als Steine, auf dem Wege festgestellt. Ein Stein ersetzt den nächsten, ohne dass das sinnlose Nichts sich dabei auflöste. Signifikante Erinnerungen können wohl kaum verjähren. Seit mythologischen Zeiten – immer das Gleiche!

 

Staffel 6 (92)/ 3

Die Trächtigkeit des Nichts —

(Fragment 2 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Alternative Genesis — kreuz und quer

Auftauchen einer Weltsicht, die – abgesehen von den sonst stabilen Tatsachen – mit dem eigenem Verständnis über das Selbst identisch sein soll. Keine Wirklichkeit hat dieses Kunststück jemals vollbracht. Postuliert wird eine imaginative Quelle der hergebrachten Ursachen.

Während im Fragment 01 über labile Gewissheiten spekuliert wird, haben wir es im Fortgang mit Interpretationen der Unfehlbarkeit in Schöpfers eigener Sache zu tun.

In Abweichung von der These des generierenden Nichts existiert parallel dazu die simplifizierte Anschauung, dass Etwas ohne Ursache – mir nichts, dir nichts – sich selbst erschaffen kann. Aus einer erdachten Präexistenz im Nirgendwo großartig ins Sein gesprungen, gilt dieses Wunder bis dato als glaubwürdig. Der Erhaltung dieses Zaubers zuliebe sollte keine unterminierende Freisicht zum Zuge kommen dürfen.

Die Fantasie scheint sporadisch Fakten zu schaffen, die sich als Tatsachen zu etablieren wissen. Schon immer war festzustellen, dass jeder, der sich für eine Tatsache hielt, seine Fakten solange verschonte, wie sie konform blieben. Man erlebte, wie eine Pflanze gezwungen wurde sich anzuwurzeln. Infernale Zeiten, damals …

Freilich wuchs mit der Zeit Gras darüber; nichts als blinder Zufall in Sachen Genesis. Der Gegenwart wurde zwar die Überschaubarkeit der Spielregeln in Aussicht gestellt, doch bleibt die weitere Dehnbarkeit der Gewissheit bis heute limitiert. Gottlob, dass die heuchlerischen, aus den Wolken gezogenen Konsequenzen sich gegenwärtig allmählich zwischen Himmel und Erde verziehen. Eine sich selbst etabliert habende Tatsache als letzte Instanz, das wäre letztendlich doch das Letzte.

Staffel 6 / 2 / 91

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 1 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Der Fluchtpunkt des Seins

Die Null der Realität, das Sonderangebot spontaner Kosmogonie im nihilistischen Teil der Wirklichkeit – sehr wahrscheinlich ein Schnäppchen aus bornierter Zeitrichtung von minimaler Dauer als Vollstreckung ALLumfassender Leere. Es machen sich breit: Spekulationen um herabgesetzte Existenzen aus dem kostengünstigen NICHTS, favorisiert von einer obdachlosen Null. Es sei denn, die Geburt der langen Kette des Seins wäre eingeleitet worden von einer angereicherten Quantenfluktuation des Vakuums.

Wobei klar sein dürfte: Keine Wirkung ohne Ursache.

Was aber, wenn jene aus der unendlichen Reihe vorangehender Ursachen stammte, von denen jede die nächste erwirkte? Dann müsste die allererste Ursache sich zwangsläufig selbst verursacht haben – und zwar im Nichtvorhandenen! Quelle der Ursachen des Seins scheint folglich eine vollkommene Leere mit automatisch entsprossener Perspektive zu sein. Wenn schon keine potente Schöpfung überzeugen kann, ist doch zumindest die Geburt des Paradoxons zu argwöhnen – aus Nichts, Etwas! Als Alternative zum „Großen Umstand“ in diesen Auslegungen ist eine in Widersinn verstrickte Nachkommenschaft zwar reichlich belegt, sie muss wegen mangelhafter Logik aber lückenhaft bleiben.

Allein die Behauptung, das Nichts sei trächtig, setzt keine unterstützende Ursache – gar eine Tatsache – voraus, so dass noch lange nicht geklärt werden kann, wovon hier eigentlich die Rede ist. Wir werden uns wohl unter diversen Blickwinkeln im Wesentlichen ständig wiederholen müssen, um ein skeptisch betrachtetes Wunder mit bagonal2-fundierten Fakten nachdrücklich von Zweifeln zu entlasten. WIE, WAS, WARUM ist immerfort nachzufragen, wenn die Antworten auf unschlüssige Ursachen seltsame Wirkungen enthüllen.

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