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Sisyphos

Sisyphos

Sisyphos fragt sich ob sein Stein Sein sei —

 

Die Sisyphos-Reihe besteht zur Zeit aus Hundert Radierungen, die im Zeitraum von 1989 bis dato sporadisch entstanden sind.

Eine, in hundert Radierungen zu kleineren Flächen ausgedehnte Formensprache, erzählt vom gehörnten Himmel unter Erden, und über den Dingen, nichts als Sisyphos.
Als Träger einer absurden Reproduktion von Arbeit ist der historische Sisyphos Symbol eines Schicksals, welches auch in der heutigen Welt Aktualität besitzt. Das Bewusstwerden dieses Schicksals erfasst auf eigenartige Weise die Daseinsprobleme unserer Zeit.

Ein Gewichtverschieber also aus nicht freien Kunststücken, die einem ein gewisses Hinterlächeln aufzwingen. Durch die Gnade der Mächtigen ins Rollen gebracht, poltert der geistlose Felsen den Göttern entgegen: Zeus, dem Wolkenschlucker; dem Prometheus Pyromanski; dem diffusen Grauen von Hades; so plättet der Stein Pandoras Schminkekoffer eitel flach … bebrillt der Mensch, der solches vollzogen sieht!

Als mein eigener Sisyphos, erfahre ich, dass Leben nicht allein durch Drängen von Felsen, das Abtragen von Lasten bedeutet.

Auch für den Fall vom Werk.
Nicolai Sarafov

Autoportrait

Autoportrait

Sisyphos –

Sisyphus, griechischer Sagenheld, König von Korinth, Großvater des Bellerophon, gerüchteweise auch Vater von Odysseus, errang durch List fragwürdige Erfolge und verärgerte dadurch die Götter von Olymp, musste zur Strafe in der Unterwelt einen Felsblock einen Berghang unablässig hinaufwälzen, der, fast am Gipfel, jedes mal wieder hinabrollte. Danach nennt man vergebliche Mühe „Sisyphosarbeit.“

Oder in Albert Camus’ antithetischer Interpretation des Sisyphos, der im Verlaufe seiner reichen Rezeptionsgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart wie der christliche Hiob immer als bestrafter Büßer oder als Sinnbild menschlichen Leidens erscheint: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
Ist Nicolai Sarafovs Sisyphos ein glücklicher Mensch? – Der Künstler stellt die Frage nach der Absurdität der Arbeit, nach auferlegten Zwängen, daraus resultierenden Psychosen. Wesentlich ist der Hinweis auf die Mehrschichtigkeit, die Vieldeutigkeit des Sarfov’schen Umgangs mit dem vorgegeben Thema. Wir stoßen auf freie Assoziationen, auf phantastische Variationen, auf weiterführende Ideen, die Sisyphos im völlig neuen, unerwarteten Kontext präsentieren. „Sisyphos fragt sich, ob sein Stein Sein sei,“ so ein Bildtitel. Aus dem Stein wird unversehens ein Schädel, aus Sisyphos wird Hamlet, der die existentielle Frage nach dem „Sein oder Nichtsein“ stellt. Im Hintergrund erblicken wir den muskulösen Atlas, der die Welt trägt – nicht als Globus, sondern als Würfel. „Jeder hat sein Päckchen zu tragen!“ Welche Konsequenzen wir aus unserem Dasein ziehen, ob uns Bilder und die zugehörigen Texte wie jene von Nicolai Sarafov weiter bringen, ob sie uns gar zu Anarchisten gegenüber alltäglichen Zwängen werden lassen, dies bleibt hier genauso offen und unbeantwortet wie die Frage nach stilistischer Einordnung. Surrealismus oder „Magischer Realismus,“ Schablonen der Kunstkritik führen bei Bildern der Schicksalhaftigkeit des Menschen nicht weiter. Sarafovs Kompositionen zum Thema Sisyphos mögen auf den ersten Blick Freude an der Form evozieren, Erheiterung über die phantasievolle Umsetzung einer gestalterischen Idee hervorrufen. Betrachtet und reflektiert man sie genauer, erkennt man aber rasch, dass es um mehr, nämlich um die Verbildlichung existenzieller Grundgedanken geht. Professor Dr. Josef Kern (aus dem Vorwort für den Katalog, anlässlich der Ausstellung in der Residenz, Würzburg)

 

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