Das TRIPTYCHON
Mai 28th, 2016 by Nicolai
Das Triptychon – Basisinfo
besteht aus drei Graphic Novels: „Aderlass Schwanensee“ – ein Bago-Krimi; „Ursprung Besenrein“ – eine Parodie auf Science Fiction; „Der lichtjährige Spagat“ – eine ernste Komödie in mystischem Gewand rund um den Gegenstand des Triptychons.
„Der lichtjährige Spagat“
ist das finale Buch.
Wie die anderen zwei, hat auch der dritte Band eine eigene Schau im Menü unter Bücher und Publikationen.
Das gesamte Vorhaben komplettiert sich abschließend zu einer Trilogie. Dreiergruppen sind seit archaischen Zeiten Ausdruck für die symbolische Vollständigkeit einer inhaltlichen oder materiellen Menge dargestellt als Einheit.
Im Zuge ihrer Vollendung nenne ich diese Trilogie TRIPTYCHON, um ihren apokryphen Status zu unterstreichen. Der Untertitel ANTILOGIE DES BAGONALISMUS ist kaum ein Missverständnis.
Die Erkenntnis, dass der festumrissene Bagonalismus an sich einen Widerspruch darstellt, inspirierte mich, den Vorstand des Institutes für Bagonalistik in aufregende Ereignisse und spannende Abenteuer zu verwickeln. Fantastische Unmöglichkeiten und sonderlogische Wagnisse sollen zum Ausdruck bringen, was der Bagonalismus an und für sich auslegt. Der Weg zur Bewältigung dieses Vorhabens führt – über einen unterhaltsamen Deckmantel rund um das Eigentliche herum – zum vorliegenden Ergebnis. Denn der Ernst der Sache lässt sich nicht durch den Ernst als solchen definieren.
Wenn es nicht unbedingt Bago sein soll, dann verbleiben dem geneigten Leser und Betrachter – letztendlich zum reinen Vergnügen an die Geschichten selbst – drei unterhaltsame Bücher. Mehr Bände wären in Bezug auf eine Trilogie unseriös.
Damit ist zumindest vor- und beiläufig das Wesentlichste über besagtes Thema zum Ausdruck gebracht worden.
Nicolai Sarafov – Jahrgang ‘44 – stand als Professor an der Würzburger Fakultät Gestaltung 33 Jahre lang dem Lehrstuhl Illustration vor. Seine Kalenderreihe „Bilder zur Zeit“ wurde über Jahrzehnte immer wieder prämiert. Mehr als 100 Ausstellungen weltweit zeugen für sein grafisches Werk. Durch sein Gesamtwerk, darunter mehrere Bücher und Veröffentlichungen, zieht sich konsequent der rote Faden seiner grundsätzlichen Auffassung – Bagonalismus.
Alle drei Bücher können käuflich erworben werden: Bestellmöglichkeiten: Hier; auch im Anschluss der Seiten jeweiliger Titel; oder nicolai@bago.net; oder Tel. 089-12003268; oder Institut für Bagonalistik, Görresstraße 32, D – 80798 München
Einzelner Band ist für € 33,– zu haben !
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Prof. Dr. Josef Kerns „Einführung“ zu Nicolai Sarafovs „Der lichtjährige Spagat“
am Freitag, den 14. Oktober 2016 am Institut für Bagonalistik
(Anrede)
Wie sagte schon Altmeister Goethe so treffend? Zitat:- – Nein danke! – Wer eine Ansprache mit einem Zitat beginnt, hat meines Erachtens schon verloren: Ein Rückgriff auf geniale Weisheiten und Einsichten von Emanuel Kant, Goethe oder Nietzsche offenbart womöglich die Belesenheit des Vortragenden, beweist aber noch lange nicht, ob der das Zitierte auch wirklich verinnerlicht hat. Ergo verzichte ich auf eine derartige Ouvertüre und begnüge mich mit der Nennung eines Buchtitels als sog. „Aufhänger“, der da lautet: „Die Kunst des Bücherlie-bens“. Dabei handelt es sich um ein außerordentlich anregendes Werk, welches Umberto Eco (der mit dem „Namen der Rose“) 2006 in deutscher Übersetzung vorgelegt hat.
Das Bücherlieben ist nämlich eines der Hauptanliegen von Nicolai Sarafov. Er hat mich gebeten, darüber, nicht über das heute vorzustellende neue Buch zu sprechen. Bücherlieben, damit ist eine Lebenskunst gemeint, auch wenn wir alle wissen, dass die Bibliophilie eine Sucht ist und den ihr Verfallenen oft unglück-lich zurücklässt angesichts der Fülle von Schriften, die er nie besitzen kann. Immerhin aber unterscheidet ihn der Grad des Fanatismus noch vom Biblioma-nen, dem man sogar Diebstahl zutrauen kann, wenn es um rare Bücher geht. Doch stoßen wir bei Nicolai auf eine andere Spezies des Bibliophilen, nämlich auf jenen des leidenschaftlichen Produzenten, des besessenen Gestalters von Druckwerken in meist limitierter Auflage. Wir haben es bei ihm nicht mit einem klassischen Illustrator zu tun, der fremde Texte bebildert (wobei gelegentlich die Illustrationen besser sein können als das Geschriebene). Nicolai ist Autor, Ge-stalter und Herausgeber in einer Person. Eigentlich sind das drei Brotberufe, wobei der Autor allerdings zumeist am Ende der Einkommensskala steht. Dar-aus den Schluss zu ziehen, dass Nicolai aus dieser Tätigkeit nun einen dreifa-chen finanziellen Nutzen zieht, erweist sich bedauerlicherweise als Trugschluss: Das Bücherlieben, wie er es betreibt, stellt ein zeitaufwändiges Unterfangen dar, bei dem man lieber auf das Ausrechnen eines Stundenlohnes verzichtet, wenn man den langen Weg von der ersten Idee hin zum fertig gedruckten und gebun-denem Exemplar eines Werkes bedenkt. Beim Münchener Finanzamt wird da kaum große Freude ausbrechen, es sei denn ein bibliophiler Sachbearbeiter er-wirbt Nicolais „Lichtjährigen Spagat“ zusammen mit den zwei Vorgängern der „Affära mystica“.
Nicolai Sarfov liegt viel daran, den Leuten nahezubringen, dass seine bibliophi-len Bücher wie auch das nun vollendete Triptychon“ nicht nur gehobener Blöd-sinn beinhalten, sondern auch andere Qualitäten zu bieten haben, die nicht zuerst im Ausland entdeckt werden müssen, um hierzulande anerkannt zu werden. Er weiß sehr wohl – er selbst schränkt das mit dem Wort „einigermaßen“ ein, was er geschaffen hat, obwohl es derartiges in dieser Form kaum gibt. Daher wünscht er sich, (Zitat): „dass die Leute den Büchern einen vertrauensvolleren Blick schenken. Und auch den Grund verstehen, warum ich das alles im Selbst-verlag und in bibliophilen Auflagen mache. Es ist schlichtweg zu speziell für profitmaximierende Verlage, zu riskant und unbekannt für das breite Publikum, zu aufwändig in der Herstellung. Ich mache es für die wenigen, die Geschmack daran finden könnten.“
Stellt sich die Frage nach dem Motiv solchen Tuns; warum nimmt ein Mann wie Nicolai Sarafov die Mühen auf sich, ein Triptychon, wie er es nennt, ein dreitei-liges Werk in die Welt zu setzen? – Nicolai ist Künstler, und Künstler sind Schöpfer, können nicht anders. Und wenn es ein Triptychon wird, dann zielt das auf etwas ganz Besonderes ab, denken wir nur an Otto Dix‘ „Großstadt-Triptychon“ in Stuttgart oder an Max Beckmanns Bilder in der Pinakothek!
Das Gestalten bibliophiler Bücher ist, neben den Radierungen, die große Lei-denschaft Sarafovs. Die Techniken des Tief- und des Prägedrucks, der gewis-sermaßen Dreidimensionales und Haptisches mit sich bringt, scheinen bereits 1981 auf, als das in Leder gebundene „ESOPUS. HISTORISCHE BAGONA-LISMEN“ in nur 30 Exemplaren in New York und Nizza erscheint. Die „FRAGMENTE“, die „Vonzeitzurzeitschrift“ in zwölf Ausgaben, das legendäre Forum des Instituts für Bagonalistik, wurde 1987 begonnen und 2000 mit der tausendsten Seite abgeschlossen; sie kamen auf 380 Exemplare. Den Vorzugs-ausgaben der „Knochen aus Restbeständen“ (Auflage 500 nummerierte und sig-nierte Exemplare) lagen, wie dem „Bär mit Abitur“, eine Original-Zeichnung bzw. –Radierung des Autors bei. Kein Wunder, dass sie längst vergriffen sind. Eine größere Fangemeinde kann schließlich Nicolais seit 1979 erscheinender Wandkalender mit Cartoons, Texten und Illustrationen zu einem jährlich neuen Thema für sich verbuchen.
Mit „Der Lichtjährige Spagat“ liegt nun der dritte und finale Band der Graphic Novel „Antilogie des Bagonalismus“ vor. Eine Anti-Logie wohlgemerkt, keine klassische Anthologie oder Blütenlese (griechisch ἀνθολογία „Sammlung von Blumen“, keine Sammlung ausgewählter Texte oder Textauszüge in Buchform. Welche Konsequenzen wir aus der Lektüre ziehen, ob uns die Bilder und Texte weiter bringen, ob sie uns gar zu Anarchisten werden lassen gegenüber dem All-täglichen, diese Fragestellung lasse ich genauso offen und unbeantwortet wie jene nach äußerlichen stilistischen Einordnungen. Surrealismus oder „Magischer Realismus“, Schablonen der Kunstgeschichte oder der Kunstkritik führen beim Bagonalismus nicht weiter.
(Dank)
Axel Kotonskis „paar Worte zum Text“ zu Nicolai Sarafovs „Der lichtjährige Spagat“
am Freitag, den 14. Oktober 2016 am Institut für Bagonalistik
Lieber Nicolai,
Du hattest mich kürzlich gebeten, zur Sprache Deines Buches Der lichtjährige Spagat ein paar Worte zu verlieren, oder zu finden (so genau erinnere ich mich da nicht …).
Na jedenfalls war mir die freundschaftliche Spontanzusage Ehrensache.
Doch wie bei all Deinen vorhergehenden Beauftragungen, die schriftsprachlichen Gedankenausformungen so mancher Deiner Druckwerke daraufhin zu überprüfen, ob sie den Gepflogenheiten der deutschen Orthografie und Grammatik entsprechen – und nichtgegebenenfalls anzupassen – fühlte ich sofort Wohlfühlschmerz aufstei¬gen: Mühsam und anstrengend würde es werden, spannend und – Vergnügen be¬reiten.
Auf Dein ursprünglich mündlich gestelltes Ansinnen, mich mit Deiner Sprache zu befassen, hatte ich sogleich gefrotzelt, da käme mir einer von KURT TUCHOLSKYs „Schnipsel“ in den Sinn. Ihm habe geträumt, er müsse sein Abitur noch einmal ma¬chen, und das Aufsatzthema habe gelautet: „Goethe als solcher“ .
Als ich die E-Mail-Einladung erhielt, waren aus den Worten „zur Sprache“ ein paar Worte „zum Text“ geworden.
Oho! Text … Also das Gewebe der schriftlich fixierten Rede. Entgegenkommende Be-scheidenheit? Ich nehme es mal als Ansporn, in meinem kleinen Weberschiffchen auf Deinem philosophischen Ozean des Bagonalismus mit seinen Gedankenketten sprachlich zu Schuss zu kommen.
Sprache ist eine Waffe. Haltet sie scharf. Wer schludert, der sei verlacht, für und für. Wer aus Zeitungswörtern und Versammlungsaufsätzen seines daherlabert, der sei ausgewischt, im-merdar. KURT TUCHOLSKY
Waffen dienen neben dem Angriff auch der Abwehr. Du hast mir einmal davon be¬richtet, wie Ihr in Eurer Herkunftsfamilie unter den Pressionen der damaligen tota¬litären bulgarischen Staatsführung sprachliche Ausdrucksweisen entwickelt habt, die für Außenstehende und Spitzel rätselhaft bleiben sollten.
Aus dieser Methode des Selbstschutzes hat sich offenbar die Querdenkerei des Bago¬nalismus entwickelt, eine Querdenkerei, die im vorliegenden Buch von Möchtegern-Usurpator Colonel Odyssee gegeißelt wird, weil das Querdenken Macht infrage stellt und lächerlich macht – und sagt man nicht, dass Lächerlichkeit tötet?
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Mir erscheint Deine Sprache eher entwaffnend, ist doch Dein Bago: [Zitat] Ein Gefühl, das die Bewältigung absurder Situationen durch Kreativität unterstützt .
Ebenso entwaffnend bezeichnest Du die sprachlich materialisierte Trägerform des Bagonalismus, die Buthaphorie an anderer Stelle selbstironisch als windige und gro¬teske Formenspielerei, gar als schmücklerische Attraptivität.
Mein Wortschatz braucht mehr Auslauf . Dieser Satz aus dem lichtjährigen Spagat be-schreibt geradezu programmatisch Deinen Umgang mit Sprache. Die Anspielungen, Wortspiele und allem voran Deine sprachlichen Neuschöpfungen spiegeln ein apo-kryphes Denken wider, mithin ein Denken, das sich um anerkannt Gültiges nicht schert, es vielmehr mithilfe sprachlicher Entlarvungsoperationen bis zur Kenntlich¬keit entstellt.
Wesentlich ist, was zwischen den Zeilen passiert. Gemeint ist wohl: Was im Kopf pas¬siert, der bekanntlich rund ist, damit das Denken die Richtung wechseln kann .
Im lichtjährigen Spagat lesen wir unter anderem, es obliege den Menschen mit Wis¬sen und Geist, den schlimmsten Zustand der menschlichen Gesellschaft, die Mittelmäßigkeit mit ihrer erfolgreichen Bedeutungslosigkeit. zu stören.
Deine Bagosophie (ich will sie mal schlicht als ein erhellendes Um-die-Ecke-Denken bezeichnen), unternimmt immer wieder den Versuch, diejenige Wirklichkeit zu tarnen, die sich an entflohene Realitäten nicht herantraut . Das klingt freundlich und erfreulich unvollkommen menschlich. Narrare humanum est.
Manchmal hilft es auch, historische Distanz einzunehmen. Zeit oder Geschichte wird dann empfunden als Zeitgenossenschaft des Vergangenen und Gegenwärtigen in selbstüberlappender Realität !
Unsere Zeit erweckt den Eindruck, keine Sekunde des Lebens dürfe ungenutzt ver¬streichen; eine neue Kommunikationsreligion hat die Menschen ergriffen und zwingt sie zu unablässigem Götzendienst an mobilen Handaltären. Anwesende Mitmen¬schen haben zugunsten der Nichtanwesenden zurückzutreten.
In Deinem Kosmos darf Langeweile aufkommen, als Reflex der menschlichen Natur auf die Zeit, die zu vergehen nur vorgibt und Dauer nur vortäuscht; denn Langeweile ist kein Nichtstun, sondern die Auskostung von Spannung, weil einiges länger weilt als ande¬res.
Verlassen wir das Tiefschürfende.
Lieber Nicolai, Du wolltest ausdrücklich, ich solle von den Fährnissen eines Korrek¬tors berichten. Voilà:
Ob in einem einzigen Satz ein Schiff oder eine Amtszeit ausläuft – und wenn ja, wann und wohin – oder ob es ratsam ist, bei Auslaufmodellen von Wasserbetten zu¬
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zugreifen, dieser hier völlig an der Behaarung herbeigezogene Fall einer Gedanken-verschlingung muss, wenn vom Chairman einmal beharrlich in ein einziges Satzge¬füge gedrängt, entflochten zu werden der Boden dafür zu bereiten seine eigene Lo¬gik und Zweck kaum besitzt und in den Begriff zu bekommen sich die Regie zu übernehmen anschickt, kann Freilegung des hoffentlich Gemeinten aus seiner gram-matikalisch und semantisch versponnenen Verhüllung als Zuckerschlecken zu be¬zeichnen schlechthin der Vorzug kaum gegeben werden.
Konstrukte wie diese – bevorzugt mit bis zu drei Satzsubjekten – waren früher, als der Vorstand des Instituts noch aus einer vierfach-multiplen Person bestand (Nicolai alias Dr. Nicotte Zwo alias Salvatore Patata alias Reiner Chairman), nicht eben selten. Seit Olga und Sir Goldzwerg das Vorstandssextett bereichern, hat wohl besonders Olga (Vorbild für schlichte Reinheit und deren Pflege) maßgeblich dafür gesorgt, dass mich im vorliegenden Werk nur noch grammatikalisch Vorgeputztes erreichte.
Meine Arbeit ging daher glatter vonstatten. Wenn sich dann noch das Prüfkriterium der Endkorrektur erfüllte, nämlich dass der runderneuerte Satz so klingt, als sei er vom multiplen Nicolai persönlich gesprochen – Experten sprechen von Bagolalie –, war ich stolz und zufrieden.
Ach ja: Warum der Tempel des Bagonalismus auf drei Säulen differierender Kulturträ¬ger ruht, nein, die drei Säulen wachsen ihm aus dem Kopf, wo sie sich als drei Paro¬dien zur kosmischen Weisheit im tiefere[n] Unsinn der Dreieinfältigkeit vereinigen , möge jeder selbst nachlesen und überdenken. Mich hat besagte Dreieinfältigkeit an das maliziöse Bonmot von KARL KRAUS erinnert: Vervielfältigung ist insofern ein Fortschritt, als sie die Verbreitung des Einfältigen ermöglicht. Und wenn wir schon bei KARL KRAUS sind: Dieser brillante Zyniker wollte vor jeden Kunstgenuss die Warnung gestellt sehen: Das Publikum wird ersucht, die ausgestellten Gegenstände nur anzusehen, nicht zu begreifen. Ein Schicksal, das dem hier vorliegenden Buch „Der lichtjährige Spagat“ erspart bleiben möge!
Epilog:
Textkorrektur zwingt zu häufigem Nachschlagen von Wörtern. Dabei bin ich auf die mir bis vor kurzem unbekannte Bezeichnung „Spagatprofessor“ gestoßen, den der Duden ab 1991 ausweist als umgangssprachlich scherzhafte Bezeichnung für einen Profes¬sor, dessen Universitäts- und Wohnort weit auseinanderliegen.
Man wagt nicht, sich auszudenken, wie weit Universitäts- und Wohnort eines licht¬jährigen Spagatprofessors auseinanderliegen mögen. Da ist es beruhigend zu wis¬sen, dass bagonalistische Lehranstalten vom Wohnort des mit der Lehre Selbstbe¬auftragten fußläufig erreichbar sind.
Dr. Ivo Kranzfelder
Ein paar Gedanken zu Nicolai Sarafovs „Triptychon“
Immer wieder mal tauchen Sachen auf, die man nicht erwartet hat oder von denen man glaubt, es habe sie noch nie gegeben, also die man nicht kennt. Dabei schließt der Begriff „Sachen“ auch die Vorstufe dazu ein, gemeinhin bekannt als „Idee“. Wobei der Begriff „Begriff“ auch nicht so einfach zu fassen ist. Es handelt sich nicht um etwas so profanes wie einen „Idealismus“, den für sich zu beanspruchen ja an und für sich schon als grenzwertig erscheint. Genau so wenig ist bloß ein grundlegender Skeptizismus gemeint, denn es gibt ja mittlerweile schon ein dubioses Völkchen, das sich als „Skeptiker“ bezeichnet.
Will sagen: Die Sprache, eigentlich dazu gedacht, mittels allgemeiner Vereinbarungen Verständigung herbeizuführen, hat sich zu einem Verunklärungsinstrument gewandelt oder, besser, verbiegen lassen (müssen). Weise, wie ganz alte Texte nun mal sein können, erzählt die Bibel im Alten Testament die Geschichte oder Parabel der babylonischen Sprachverwirrung. Man könnte, das aber nur in Parenthese, als eine weitere, noch immer gültige Erzählung die vom Tanz um das Goldene Kalb erwähnen.
Was wäre gewesen, wenn die Geschichte damals in Babylon nicht passiert wäre? Was, wenn Eva und Adam (Ladies first) nicht aus dem Paradies vertrieben worden wären, bloß weil sie Lust aufeinander bekommen hatten – was schon der Maler und Grafiker Hans Baldung Grien kurz nach 1500 auf einem großartigen Holzschnitt mit eindeutiger, politisch absolut unkorrekter Gestik (Griff an die Brust) und derben Anspielungen (Karnickel) als „Lapsus humani generis“, den Fehler des Menschengeschlechts schlechthin, bezeichnet hatte? Was, ja was? Vermutlich hätte es dann die ganze Brut von Menschengeschlecht gar nicht gegeben.
Das wäre, auch wenn manche verwirrte Geister das nicht so sehen, sehr schade gewesen. Denn dann hätte – unter anderem – ein heutiger Kollege von Baldung nicht seine dreiteilige, als Triptychon bezeichnete „Antilogie des Bagonalismus“, als Summe seines Denkens, sich ausdenken, schreiben, zeichnen, fotografieren, collagieren usw. können, in deren mittlerem Teil, genannt „Ursprung Besenrein“, er, Nicolai Sarafov, vielgestaltiger Vorstand des Instituts, und einige Mitstreiter, mittels Zeitreise versuchen, die Bibel umzuschreiben, um dem Schöpfer ein bisschen mehr Zeit zu gönnen als diese mageren 7 Tage (davon einer zum Ausschlafen), um an der getätigten Erfindung noch ein wenig zu feilen und sie zu perfektionieren.
Wie es dazu kam und wo es hinführte, das wird ausführlich in Teil 1, „Aderlass Schwanensee“ und in Teil 3, „Der lichtjährige Spagat“ geschildert, und noch viel, viel mehr. Dieses und das „noch viel, viel mehr“ wird nicht verraten, es handelte sich dann – im Neu-Sprech – um einen Spoiler-Effekt, der vermieden werden soll. Andererseits wird man im Werk genügend Neologismen finden, so oder so.
Man wundere sich nicht über anfängliches Befremden – trotz der scheinbar bekannten verwendeten Genres wie Krimi, Science Fiction oder Fantasy. Die Zeit der gedanklichen Konkretisierungsversuche kann man locker mit der Bewunderung der virtuosen Zeichnung, des originellen Einsatzes scheinbarer Realitätsfetzen mittels Fotografie, der meisterhaften grafischen Gestaltung usw. usf., je nach individueller Vorliebe, anreichern oder überbrücken.
Was „Bagonalismus“ ist, will und kann ich nicht erklären (lustige Kombination, nicht wahr?). Man lese und schaue, vielleicht ist man hinterher schlauer. Das „oder auch nicht“ verkneife ich mir jetzt, denn schon mancher war hinterher schlauer, ohne dass es ihm selbst oder auch den anderen aufgefallen wäre.
Zum Schluss noch eine Anekdote, die Egon Friedell in seiner „Kulturgeschichte der Neuzeit“, erstmals erschienen 1927 bis 1931 in ebenfalls 3 Bänden (!), zum besten gibt, und deren Bezug oder Analogie zu Nicolai Sarafovs Triptychon jeder durch Autopsie (Selberschauen) herstellen möge: „Als Daubigny zum erstenmal vor Michelangelos Decke der Sistina stand, murmelte er: ‚Daumier’“.