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Shakespeare, du Epigone

BF 10

Ein Mann – ein Schädel

Jener Mann mit dem Schädel in seiner Hand, der nicht recht weiß, soll er oder soll er nicht sollen, gibt sich jedenfalls klassisch und spannt meine Schreibmaschine auf die Folter, noch bevor diese Geschichte um die Walzen zu spinnen beginnt.

Jener Mann, der so zögert und seufzt, wirkt zweideutig.
Einsam plätschert er in meinem virtuellen Sumpf und überlegt allen Ernstes, ob er dafür da zu haben ist oder ob er was dagegen haben soll. Ob aus der Geschichte auszusteigen angesagt ist oder nicht, das ist die Frage.

Die entscheidende Antwort: Ja! oder Nein!

Seines Wissens nage Zweifel an der ihm eigenen Existenz. Meinetwegen soll er ruhig in den Morast fraglicher Nachdenklichkeit eintauchen, aus dem aufzutauchen ihm nicht in den Sinn kommt. Oder wär’s edler im Gemüt, seitenweise gemeinsam durch die unbegabte Geschichte zu waten, bis uns schließlich ein absehbar Unvorhandenes voneinander scheidet?
Andererseits verdichtet sich die Anwesenheit des Mannes in dieser Geschichte zur Gewissheit, wiewohl sich seine Präsenz dem Fall entzieht.

Sie sehen, wie mühsam es ist, jemanden für ein Blatt Literatur einzuspannen, das schon beschrieben wurde. Wer sich schon gedruckt sieht, braucht das meiner Geschichten nicht mehr einzugehen.

Hand auf’s Herz, lieber Leser, der Anfang war doch nicht schlecht und hat Sie sicherlich beeindruckt: „Ein Mann – ein Schädel.“ An seiner Stelle würde ich mich sofort entscheiden einzusteigen, als Mann oder als Schädel. In beiden Fällen käme die Geschichte zustande. Also muss er hinein!
Ist er einmal drin, gilt es nur noch, sein Anliegen fortzubeschreiben: Was geschah bis jetzt und wie soll es weitergehen? Also lassen Sie uns von seinem festen Wankelmut reden und sonst was erzählen.
Allerdings sei sein Sein nicht mein Bier, so sagt er, daher wolle er seines nicht zwischen meinen Zeilen trinken; denn er könne nicht entscheidend wohl nicht dafür verantwortlich sein, was alles dazwischen geriete; wage er doch selbst kaum zu wissen, ob er sein Sein nun habe; habe er es nämlich nicht, wolle er sich dies doch wenigstens fragen dürfen.
Schließlich sei er der Seinsollende als solcher. Selbst wenn er sich selbst uneinig geworden sei, wäre er sich selbst niemals abtrünnig geworden, so dass ihm seine Frage nun zweifellos als Antwort erscheine:

Ja zu Nein gleich Nein zu Ja.
Darüber habe er sich den Schädel zertrümmert.

Bleibt die naheliegende Frage, ob vorliegende Geschichte von Anfang an darauf angelegt war, ohne weitere Fragen abgelegt zu werden.

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(Diese Geschichte stammt aus dem Buch „Knochen aus Restbeständen“ von Nicolai Sarafov)

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