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Staffel 6 (98)/ 9

Die Trächtigkeit des Nichts –

(Fragment 8 von 17)

Ein Buch von Nicolai Sarafov

Zeitlosigkeit für flexible Illusionen

Der Verfasser sinniert: Wer mit der Zeit geht, ist nicht von Dauer. Zeitlos sein ist das bessere Los.

Bei näherer Betrachtung ist jedoch Zeitlosigkeit lediglich die nihilistische Version von Dauer mit minderwertigem Umfang. Möchtegern-Zeitloser ist auch keine Lösung, wobei sein spärlicher Klatschbestand kaum dem Rieseln der siamesischen Sandzwiebel14 gelten dürfte. Immerhin ist jede aufgewandte Sekunde erheblich vergänglicher als das ihr zugehörige Sandkorn. Was die Vermutung nahe legt, dass ein ausschließlicher Anspruch auf Zeitlosigkeit abwegig ist. Wer dennoch zustimmt, kränkelt an Größenwahn, bei dem die Größe in dem Maß abnimmt wie der Wahn zunimmt.

Melancholischer Versuch eines Poeten, sich einen Reim darauf zu machen:

Zu Wüsten in Mengen verronnen

verschwindet prunklos das Abgezählte

im Treibsand der Vergangenheit.

Nüchterne Stimmen glauben es besser zu wissen: Von wegen Treibsand im Uhrwerk – nur chronischer Verlustbedarf. Eine schrumpfende Illusion duldet kein „aber“! Realität breitet sich aus. Nichtsdestotrotz mischt die Poesie mit! Mit tänzelndem Leichtsinn versucht sie die Lage zu besänftigen. Vorgespiegelte Kreativität soll den Mangel an Talent aufwiegen! Wenn der Dichter sich dabei der Zeit entledigte, träfe er auf günstigeres Künstlergeschick, indem er sich der Dauer anbiederte. Denn auf Dauer könnte so auch mal ein der Realität trotzendes Gedicht entstehen. Wie gesagt, zeitlos zu sein, wäre das bessere Los.

Weitere Ungereimtheiten: Je kleiner etwas wird, umso mehr schwindet seine Größe. Je mehr etwas nicht ist, desto weniger ist es etwas. Ist doch das auf den Punkt gebrachte kleinste Etwas nie ganz Nichts. Wenn aber eine Illusion gleich einer Seifenblase zerplatzt und aus allem Sein verschwindet, dann ist etwas ohne Selbst – ein Sprenkel im Bildrahmen zeitentfremdeter Gedanken! Kleckse, Flecken und Makel bemühen sich zwar auch um den Status der Zeitlosigkeit, doch hängt auch bei einem Bild dessen zeitlose Fläche vom Format ab. Was Format hat, ist unbegrenzt. So wie großartige Profile schließlich einer anderen Logik folgen, die ihrerseits mit ihren eigenen Mitteln umgangen werden kann: zu bemerken an dem mit der Kopflastigkeit geschlossenen Waffenstillstand.

 

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