Im Garten der Konfusion
Blickwinkel 13
Konfusion?
Es gibt historische Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Spätestens dann, wenn der Egoismus seinen kritischen Punkt erreicht und die Qualität des Seins verändert. Dann nämlich schreibt die Zeit der Menschheit eine NULL ins Leben. Wir haben zwar Internet, aber kein Erbarmen. Auch sonst gibt es viel zu wenig, was die Seele liebkost, um die sich verbreitende Einsamkeit zu mildern.
Kein Wunder, wenn der Evolution angesichts solch großangelegter Konfusion der Kragen platzt.
Schon gebiert die Hoffnung Illusionen:
Stellen wir uns einmal vor, dass die sozialen Verzichte, die wir im Falle einer unberechenbaren Konfusion leisten müssen, einmal nicht zu Vereinsamung führten. Im Gegenteil! Dass ein Verzichten nicht Verlust bedeutete, sondern sogar neue Möglichkeiten eröffnete.
Nehmen wir weiter an, dass eine erzwungene körperliche Distanz gleichzeitig virtuelle Nähe erzeugte; dass wir vernachlässigte Freunde wieder häufiger als sonst kontaktierten; dass uns neue Freunde die Tür einrennen würden; wir per Skype Hände schüttelten und hinter Plexiglas Küsse verteilten.
Was noch geschehen könnte: Wir verstärkten unsere Bindungen im weltweiten Netz. Familien, Nachbarn und Freunde rückten in milder Distanz hilfsbereit und berührungsfrei zusammen. Wir kommunizierten ausgiebig, nicht ausschließlich über Rauchzeichen. Bücherlesen boomte. In behaglicher Dämmerung entstünden massenhaft Babys. Am Anderen gefiele uns nicht nur dessen Frau oder Mann. Wir kauften nur das ein, was wir wirklich brauchen. Höflichkeit erlebte eine Renaissance. Werte kehrten zurück. Kränkelnder Egoismus heilte sich ohne Zuschuss der Krankenkasse von selbst. Und schön langsam versiegte die ansteckende Gier schändlicher Profitmaximierung.
So könnte nach einer ausgedehnten Konfusion die Gegenwart der Zukunft aussehen, wenn uns die drastische Situation eines Besseren belehrt hätte.
Die Evolution wäre zufrieden und setzte sich langsam wieder fort!
Wir werden sehen, sagte der Blinde …