Staffel 6 (93)/ 4
Die Trächtigkeit des Nichts –
(Fragment 3 von 17)
Ein Buch von Nicolai Sarafov
Das Wurmloch des flüchtigen Sisyphos
Eine andere Auffassung von: Lassen wir das Nichts sein! Oder nicht sein! Weit und breit kein Nichts in Sicht. Ein Universum gehabt sich wohl in mengenhafter Leere, darin die Lichter niemals ausgehen. Eine illuminierte Bühne der Fantasie! Das Rampenlicht bescheint den einsamen, wenn auch nicht einzigen Mittelpunkt im All, von dem aus Sterne zu erblicken sind. Unsere Welt ist nicht dieselbe wie all die anderen, von denen man nicht weiß, welche Wahrheiten dort Geltung haben oder man gar wüsste, was im mystischen Multiversum3 vorgeht. (Ein solches sich vorzustellen fällt leicht, solange man es nicht beweisen muss.) Wenn die Götter auf der Erde zuschlagen, so besteht Hoffnung, dass ihre Schlagkraft anderswo versagt. Die verzweifelte Frage des Sisyphos4, ob sein Stein Sein sei, gleicht dem Versuch, durch ein Wurmloch5 zu entkommen, um so seiner Strafe zu entgehen. Und scheitert doch an der übergeordneten Wahrheit.
Wie sieht nun diese absolute Wahrheit aus – falls es sie geben sollte?
De facto ist die enorme und ganze Wahrheit eine begrenzt harmlose Superlative mit Anspruch auf allumfassende Präsenz. Als ein gefühlloser und selbstherrlicher Begriff mit unbestimmtem Aufenthalt ist sie nicht zu lokalisieren und erst recht nicht zu fassen! Sie ist als Instanz zugleich so nebulös, dass ihre diversen Inhalte, die nur vage voneinander differieren, örtlich bedingten Umständen angepasst werden müssen. Demgemäß erscheinen etwaige Unterschiede überall kontextuell identisch. Aus der Ferne betrachtet erkennt man allerdings in dem, was uns die Wahrheit vorgaukelt, eine kaum zu widerlegende Folgerichtigkeit. Egal welcher Logik wir folgen, müssen wir die Große Wahrheit wohl oder übel als die ausschlaggebende Instanz anerkennen. Ob es Alternativen gibt? Das werden wir gleich erfahren!
Wie auch immer – oder gerade wie immer – entbehren Sisyphos’ Anstrengungen jeglichen Sinnes. Er flüchtet aus einer Realität in eine davon differierende Wirklichkeit, wobei sich, gemäß den obigen Feststellungen, beide prinzipiell kaum voneinander unterscheiden. Trostlose Plackerei! Jenseits aller Hoffnung nichts als Steine, auf dem Wege festgestellt. Ein Stein ersetzt den nächsten, ohne dass das sinnlose Nichts sich dabei auflöste. Signifikante Erinnerungen können wohl kaum verjähren. Seit mythologischen Zeiten – immer das Gleiche!