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Die Abfalltheorie; Kunst im Winkel

Allgemeiner Bagonalismus

U (BF) 20 <pro und kontra—gemischt>

Prolog
Was kann denn schon die Kunst dafür, dass man über sie spricht?
Wie verhält sie sich zu dem, was man schüchtern über sie zu äußern wagt?
Im Allgemeinen wird die Kunst gelobt, verklärt, geschmeichelt und über die Kunst wird in hohen Tönen publiziert, als wäre sie das Mittel, um das Absolute zu erreichen. Sie wird als der höchste Ausdruck der Wahrheit gehandelt, dessen wir Menschen fähig sind.

Wenn danach gefragt wird: Was ist KUNST?, dann steht einem diesbezüglich die Auswahl einer Menge von Definitionen, Formulierungen und Kompetenzen zur Verfügung. Aber keiner der klugen Sprüche ist maßgebend in dem Maße, dass in einer einzigen Definition die endgültige Wahrheit darüber, was KUNST sei, zu erfahren wäre.
(Aus technischen Gründen werden im Anhang KEINE Beispiele dieser Sentenzen aufgeführt. Im kulturellen Alltag stößt man andauernd auf welche).

Es lassen sich gewisse Parallele durch Gemeinsamkeiten in den Darlegungen von Kunst und Bagonalismus ziehen, die sich nachvollziehbar durch Begriff und Fach der vermengten Teilformulierungen und Definitionen auf dem Weg zur ganzen Wahrheit um diese bemühen. Tatsächlich treffen sich die Parallelen in fernem Punkt, wo gleich das EINE das ANDERE sein kann und umgekehrt. (Sofern einem dieser Punkt nahe gelegt wird).

Vor Urteilsprechung pflegt der Bagonalismus die Dinge aus mehreren, differenten Beobachtungspositionen zu betrachten (Beispiel für Demokratie pur).
Wir wählen hier den ungünstigen Winkel, aus dessen Sicht sich die konformen Ansichten über den Betrieb „Kunst“ kaum kongruent mit den bagonalistischen Erkenntnissen decken.

Hommage a la BAGO
Zu Beginn des Bagonalismus
(er ist die historisch belegte Begleiterscheinung aller registrierten Großartigkeiten in der Geschichte), damals also,
begann die KUNST mit dem, was sie sein darf,
zu dem, was sie sein soll,
dem eigenen Begriff anlehnend
zu kapieren, was sie am wenigsten ist,
sich dennoch in jener Art wieder zu finden,
welche diejenige Seltsamkeit erreicht,
wenn die Muse fern geblieben.

Einer fliegt über das Nest
Das grelle Wort KUNST liefert das Rampenlicht für der Kunstszene, die sich auf der Bühne der Eitelkeiten abspielt. Darauf tummeln sich Begabte und Unbegabte; Kunstschaffende, Profitierende, Doktoren und Professoren; Verhinderte, Geförderte und Behinderte; Mäzene, Politiker und Kulturknospen; Genies, Galeristen, Kritiker und Sammler. Der Scheinwerfer KUNST leuchtet voller Pracht die Bühne aus, spendet Glanz und Gloria und verspiegelt sich in opportunistischer Glätte, auf dass die Szene nicht verrutscht.
KUNST ist eine geschlossene Gesellschaftsform für diejenigen, die in dieser Gesellschaft geweiht sind. Kunst stellt darin kein Problem dar.

Kontra
Da fast alle Kunst vorwiegend Kunst sein darf, wenn sie theoretisch dazu ermächtigt wird, gelingt es ihr praktisch kaum Wahrheiten auszusprechen, die gleichzeitig kein Psychogramm darstellen. Es mag ja auch stimmen, dass die KUNST die schrulligste Art und Weise ist, in welcher sich ideologische Krämpfe Publik verschaffen — aber, so wie sie dem Dilettantismus und dem Nichtkönnen verschrieben wurde, scheint es dem Wort KUNST allmählich an Leuchtkraft zu mangeln. Schein oder nicht …? Insbesondere, wenn sich blutarme Ideen zu enorme Schrottansammlungen konfigurieren lassen, Schmuddelgebilde voller heiße Luft salonfähig präsentiert werden, und wenn sich diverse Enormitäten als suspekte Investitionen erweisen.

Und davon die Moral?
Keine! Denn dauernd wird die Geschmacklosigkeit dargestellt, Unschönes hervorgehoben, Abstoßendes bewundert. Die krampfhafte Jagd nach Unzulänglichkeiten schmeicheln die Lobbys der Destruktivität — so schlecht soll die Welt sein, wenn Gott Profit herrscht. Warum? Was steckt noch dahinter? Die Moral verdoppelt sich ständig. Altkanzler Konrad Adenauer soll mal gesagt haben: „Man muss die Menschen so nehmen, wie sie sind. Es gibt keine anderen.“ Wahrscheinlich liegt es daran. Zwar fließt alles und ändert sich, aber auch die Doppelmoral wird nicht besser.

Ein Verfassungsfirnis gibt der Kunst das Recht auf Ausstellungseröffnungen, an denen selten etwas Kunstvolles passiert. Man sieht sich halt wieder, sieht alles, nur die Bilder nicht.
Die Kunst liegt im Geschäft. Die Ware dafür liefert der Künstler, der Galerist bestimmt was Kunst ist und das Finanzamt — wer Künstler sein darf.

Die gute Nachricht
Was geschieht mit demjenigen, der an die Kunst glaubt? Was ist mit der Produktion, in die soviel Ideal, Gefühl, Können, Eitelkeit, Kreativität, Begeisterung, Drang, Bedürfnis, Einbildung, Kampf, Freude, Opfer, Schlaflosigkeit, Intelligenz, Schaffensprivileg, Schmerz, Glück, Weltbild, Erfahrung, Erfühlung, Erfüllung, Manifest, Sensibilität, Frust, Material, Geld, Qualität, Lebenssubstanz, Liebe und vieles mehr in die Vollbringung des Werkes investiert wurden? (Im Falle von Werk.)

Immerhin sollte die KUNST ihre Existenz auch durch das Vorhandensein von Bildern nachweisen können.
Das eigentliche Thema heute behandelt eben diese schwangeren Bilder mit dem gesamten Ballast, dessen Aufzählung ca. vier fette Zeilen in Anspruch nahmen. Die Frage lautet: Wer empfindet das alles? Der Künstler oder das Bild? Wenn es letzteres ist, dann haben wir ein Problem. Wenn aber der Künstler die ganze Palette durchlebt, dann steht dem Bild lediglich eine Speicherfunktion mit Wiedergaberechte zu. In Ordnung. Dennoch wage ich zu behaupten, dass die Kunstwerke Abfallprodukte sind.

Mein Gott, Ketzerei, Blasphemie……!

Ganz ruhig bleiben und zu verstehen versuchen was ich tatsächlich meine:
Wir brauchen einen Protagonisten, den klassischen Maler mit Staffelei und Palette, der die ottonormal Assoziation für KUNST und Künstler verkörpert.
Der Maler überlegt, seufzt, leidet und verpinselt leidenschaftlich seine Idee auf die Leinwand. Das Bild ist vollbracht, es ist wunderschön und expressiv zugleich, zeugt vom Können und offenbart Ästhetik, ist auch noch aussagekräftig dazu und hat mit der Vorbereitungsphase, schätzen wir, vier Monate in Anspruch genommen. Während der paar Tagen danach betrachtet der Maler sein Werk. Er analysiert, durchlebt das Erschaffene, bewundert und korrigiert womöglich, ist aber mehr oder weniger überzeugt, dass er es seiner Freundin präsentieren kann, und wenn nichts Außergewöhnliches passiert, stellt er es zu den anderen fertigen Bildern in die Ecke.
In Warteposition auf einer eventuellen Ausstellung.

Der kreative Knoten
Das Bild ist das Ergebnis eines Prozesses, der (solang das Bild in Arbeit ist), ein hochwertiges Kunsterlebnis im Künstler auslöst. Unser Maler ist direkt betroffen, abhängig davon sogar, und, um das Kunsterlebnis immer wieder zu erleben, unterwirft er sich einem seltsamen Kreislauf: Eine blanke Leinwand wird erneut in Wartestellung gebracht, noch herrscht aber „horror vaccui“ während sich die Seele des Malers verdichtet. Gedanken, Erfahrungen, Einfälle und Ideen liefern den Klebstoff, Assoziationen und Metaphern vermengen die Substanz und polieren die Vorstellungen. Das ist der Stoff aus dem sich im Inneren des Malers einen beachtlich großen Knoten gebildet hat, der zum äußeren Ausdruck drängt. Er kann nicht ewig verborgen bleiben, eingezwängt in alltäglichen Problemen und Sorgen um die Zimmerlautstärke. Ein geistiger Stau bedroht den inneren Frieden. Der Knoten muss über den Stift und Pinsel auf die blanke Fläche aufgelöst verteilt werden, denn er hindert auch weitere Projekte an derer Verwirklichung. Es sind reichlich Vorhaben beabsichtigt — unser Maler meint es ernst mit der Kunst. (Manchmal tritt auch die gordische Variante der Knoteneliminierung in Aktion und dann ist tatsächlich nur noch Abfall zu entsorgen).

Also, durch die Aktivität des Malers wurde die zutiefst intime Auseinandersetzung (wenn man das Kunsterlebnis so umschreiben darf), auf das Forum des Schaffenden getragen — das entstehende Kunstprodukt. Die gestaltete Fläche, oder das fertige Bild, stellt ein Abfallprodukt des Geistes dar, denn der Geist hat es ausgeschieden und den Erlösungsakt vollzogen.
Gottähnlicherweise ist der Schöpfer (Maler) nach seiner Befreiung vom Knoten durch das vollbrachte Erzeugnis kaum noch an dem erschaffenen Werk interessiert. Es ist ausgelebt, katalogreif bearbeitet und trägt, als Zeugnis der ENTWICKLUNG eines fortwährenden Künstlers, zu seiner Entlastung und Lebenslauf bei.
(Unter günstigen Umständen könnte das Abfallprodukt genannter Entwicklung, als kultureller Beitrag anerkannt werden).

Die innere Befreiung des Künstlers vom eigenen Kunstwerk ist auch ein schöpferischer Akt, denn dadurch sind die Grundbedingungen für die Entstehung des nächsten Werkes geschaffen worden. Und noch einmal: Der Maler bewaffnet sich allmählich mit allem, was dazu gehört und schon beschrieben, und eröffnet die Auseinandersetzung mit der aktuellen Leinwand.
(Die reinste Qual — dieses Bedürfnis, wenn es keinen Ventil gäbe: die Kunst an sich).
Folgende Frage entsteht zwangsläufig und zieht sich als rhetorische solche zurück: KUNST?

Quintessenz

  1. 1. Die Kunstwerke sind Abfallprodukte des Geistes, die dem Künstler sein Kunsterlebnis bescheren und seine Entwicklung gestalten.
  1. 2. Die Entstehung des Werkes und der Prozess, der zu diesem Erlebnis führt, tragen für substantielle Erfahrungen bei, die in die Gesamtentwicklung des Künstlers integriert werden, wobei das eigentliche und wahre Kunstwerk diese Entwicklung darstellt.
  1. 3. Ergo: Der Künstler selbst ist das Kunstwerk, dessen Wert an den Preisen seiner Abfallprodukte gemessen wird.
  1. 4. Die Weiterentwicklung des Malers’ Leben äußert sich durch Bilder, die für seine Kunsterlebnisse Zeugnisse ablegen, welche dem Betrachter präsentiert werden. Der sensible Betrachter kann des Künstlers’ Kunsterlebnis möglicherweise nachvollziehen und wird mit weiteren Qualitätsgenüssen belohnt, die ein schönes Bild in Rahmen hält.
  1. 5. Der Betrachter ist nicht zu verachten. Er ist kompetent genug zu entscheiden, ob er Abfall betrachtet, oder eine Wahrheit entdeckt, diese verarbeitet, sich an ästhetischen Herrlichkeiten labt, sein Erfolgserlebnis genießt und das Kunstwerk als Kulturbeitrag anerkennt.

Epilog
Die großartigsten Abfallprodukte sind die erfolgreichsten Kunstwerke der Welt. Weil dies abfällig klingen mag, wird sich die Welt hüten letztere als Abfall des Geistes zu akzeptieren (falls der entsprechende Geist kein Abfallprodukt schon ist).

Aber, dass auch viel Scheiße für viel Geld produziert wird, ist eine beachtliche Nebenwirkung der Droge KUNST (und ihre Dealer).

Für alle Fälle möchte der Bagonalismus an seine Definition Nr. 66 erinnern, denn irgendwie fügt sie sich schon ins Gewebe:

Der Bagonalismus ist der Ausdruck für diejenige Haltung, die den Selbsterhaltungstrieb des Geistes nicht verdrängt.

Das Institut für Bagonalistik ist verpflichtet absurde Aspekte in verfahrenen Ansichten aus der Zwiebel der Erkenntnis zu entschichten.

One Response to “Die Abfalltheorie; Kunst im Winkel”

  1. Stefan Taschev sagt:

    Николай,здравей! С много голямо удоволствие и интерес,разгледах страницата за Багонализма. Спомних си за прекрасните дни и вечери,прекарани с теб в Сулцдорф! Желая ти от сърце, креативитет много откровеност към това,което създаваш!!!!!! С най добри чувства,оставам към теб! Стефан Ташев

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