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Ursprung BESENREIN

Antilogie der ALLumfassenden Bagonalismen

Text für die Präsentation ­– 1. Sci Fi Festval, München, 24. 4. 15

 

IfBag.’15-A (V.St) 88 <Vortrag „Was ist Bago“ I >

Einführung in den Bagonalismus

Ja, ich möchte auf die Frage: „Was ist das Bagonalismus?“ etwas näher eingehen. Eher würde ich über das „Warum Bago“ und das „Wie Bago“ etwas sagen wollen. Daraus ergibt sich dann, so hoffe ich, das „Was ist Bago“.

Nachdem alle ISMEN aus Kunst, Politik, Gesellschaft etc. in Schubladen ihren Platz zugeordnet bekommen haben, habe ich beschlossen, meine eigene Schublade zu eröffnen, damit meine Arbeit nicht ständig in die falsche Kiste hineingezwängt wird. Wie z.B. Surrealismus, Dadaismus und andere – was nicht der Fall ist.

Auf dem Schild der neuen Schublade stand „Bagonalismus“. Die Wortschöpfung BAGONALISMUS ist ein Neologismus, eine Erfindung. Anfänglich – NICHTS! Oder besser – im Anfang war das Wort. Ein Wort wie ein Schwamm: Allmählich mit Bedeutungen getränkt und gegenwärtig zu BEGRIFF angewachsen, eröffnet mir dieser Begriff die Möglichkeit, mich auf unkonventioneller Art und Weise zu äußern.

Warum nicht – was auch jeder normale Mensch tun würde – also, warum nicht im schon vorhandenen Wortschatz nach geeignetem Ausdruck suchen? JA, deswegen: Weil sich es hier um ein Gefühl handelt, wofür es im Wörterbuch keinen geeigneten Begriff gibt. Für dieses Gefühl habe ich eine Benennung gebraucht, um mich verständlich zu machen. Leider ist das neue Wort nicht wie „Eiersalat“ oder „Sonderangebot“ sofort verständlich.

Der Bagonalismus ist nicht leicht zu fassen, aber man kann ihn erahnen.

Und er offenbart sich, Wenn man z.B. durch Kreativität bemüht ist, absurde Situationen zu bewältigen.

Das heißt, wenn man versucht… ja, wenn man unser Unbehagen in solchen Situationen durch Wortspiele, durch Sinn im Unsinn, durch Humor, Parodie, Heiterkeit und Anstand abzuschwächen versucht und ihre Lächerlichkeit veranschaulicht, weil nämlich erwähnte Situationen entweder grotesk, absurd, peinlich, unwürdig oder einfach schwachsinnig sind. Der Bagonalismus ist die Metapher für dieses SAMMELGEFÜHLs. Zugleich ist er eine Art Antidot gegen Ärger, ein Gegengift. Eben dagegen sein dürfen! Darüber etwas später.

Zuerst: Wie kam ich überhaupt dazu?

Ich bin in Sofia/Bulgarien, in einer intellektuell-künstlerischen Mitte aufgewachsen, in der Umgebung von Menschen, die sich einer eigenen Sprache bedienten, um von den Spitzeln nicht verstanden zu werden, die gleichzeitig aber untereinander den Riesenspaß hatten, dennoch alles Verbotene gesagt zu haben – eine gute Schule! Der unmenschliche Terror jener Zeiten möge in Vergessenheit getrieben worden sein, aber Verzeihung ist nicht in Sicht. Diese Zeiten waren so absurd und brutal, wie gleichzeitig die Idee Freiheit fremd, abstrakt und zugleich wie ein heiliger Rettungsring im siebten Himmel erschien. Für uns von drüben, war dieser siebte Himmel ein verklärter Westen – Symbol für die Freiheit – allerdings eine nicht realistische Utopie, geträumt von Eingesperrten im eigenen Land. Für diesen Traum haben viele alles riskiert und davon viele viel verloren. Ich hatte Glück! Die Rede ist von Bulgarien damals, vor der Wende. Heute ertrinkt die Hoffnung in einem Sumpf von Staat.

Als ich im Jahre ‘70 nach Deutschland kam, hatte ich zwar vollwertig eine neue Heimat (die alte meiner Mutter), aber auch genug Absurditäten zu verdauen: Nichtssagende Reden, Verlust an Werten, konsumorientierte Gesellschaft gerade auch im Bereich der Kunst und Kultur. Zur Zeit wird der Dilettantismus verherrlicht und die Profitmaximierung vergöttert. Die Liste ist etwas länger und nicht alles darin ist lustig.

Dennoch die Möglichkeit frei zu sein und eine Meinung zu haben ist hier (im Westen) gegeben. Steht in der Verfassung! Die Demokratie gibt sich zumindest die Mühe demokratisch zu sein. Obwohl… ah, lassen wir das. Allerdings, begriff ich langsam, um persönlich wirklich frei zu sein, sollte man auch die Verantwortung für die angediente Freiheit übernehmen und nicht gedankenlos, einfach prinzipiell und bequem gegen all dem zu sein, was die Wirren der Zeit so im Angebot haben.

Daraufhin habe ich mir die erste bagonalistische Frage gestellt: Wogegen bist du dafür? Und diese folgender Maßen beantwortet: Man soll etwas erschaffen, um dadurch dagegen sein zu dürfen, wogegen man glaubt sein zu müssen.

Wie ist das zu verstehen?

Man muss sich es verdient haben eine Gegen-Position einnehmen zu dürfen; über eigene Verdienste das moralische Recht erworben haben, sich kritisch zu äußern. Dagegen ja, aber aufbauend, konstruktiv, erneuernd und zugleich konservativ im Sinne von Wert-Erhaltung.

So, das Werkzeug also – um geistig zu überleben – stand bereit.

Der Begriff stand – Bagonalismus war nicht mehr wegzudenken!

Daraus entschied sich eine Lebensauffassung; eine Weltanschauung; wenn man so will – auch eine Aufgabe. So kam ich also auf die Überlebensphilosophie eines Bagonalisten: die BAGOSOPHIE – oder diese bagonal formuliert: Die Bagosophie ist eine Philosophie, die keine ist, wenn Philosophie Bagosophie sein will.

Und schließlich wurde im Jahre 1986 das Institut für Bagonalistik gegründet:

Die Existenz einer solchen Einrichtung kann als Parodie auf Real-Muster gedeutet werden und ein Institut bekommt auch eine Satzung. Hier ein Auszug: „Die Aufgabe des Institutes ist es, Konditionen zu schaffen, die zur Pflege des BAGONALISMUS beitragen, insbesondere trägt das Institut Sorge dafür, durch seine Tätigkeit den Verlust an Heiterkeit zu reduzieren“.

DAS IST ES JA! Der Bagonalismus ist mehr oder minder eine heitere Auseinandersetzung mit Unzulänglichkeiten und grotesken Vorkommnissen, die ad absurdum geführt werden. Daraus folgt: Der Bagonalismus ist die absurde Inszenierung von ernsthaften Hintergründen.

Hierfür ergab sich zwangsläufig eine Art indirekte Deutlichkeit, die mit den Mitteln der Logik dieselbe zu umgehen versucht. Das ist die Kunst sich zwischen den Zeilen kreativ zu bewegen und zu äußern in Wort, Bild, Ton und in der Tat, weit entfernt von jeglichen Ideologismus.

Mein Freund, der Philosoph Emil Bojadziev, der leider vor 20 Jahren von uns gegangen ist, formulierte damals die bagonalistische Schublade wie folgt: „Dieser Begriff besteht nicht auf einer stammbedingten Bedeutung seines Wortes im Sinne des Wörterbuches – er verlässt sich vielmehr auf die existentielle Energie seiner Fragmente. Auf diese Weise überwindet der Bagonalismus die Dogmen der ISMEN, die mit den Bedeutungen ihrer Stammwörter spekulieren“.

Das Institut, als Persiflage auf bestehenden Einrichtungen, entwickelte eine rege Tätigkeit. Anfänglich mehr und später weniger, aber immer hin – seit 30 Jahren munter im Amt. Wie Emil Bojadziev schon sagte:„…die existentielle Energie seiner Fragmente…“sprich: visuelle Arbeiten, Bücher, Veranstaltungen, Inszenierungen, andere Werke, Jazz, Formulierungen, Gedanken – ja, Definitionen!

Noch ein Zitat von Emil Bojadziev: „Der Bagonalismus manifestiert sich in der Vielzahl seiner Definitionen, die jeweils nur Teilwahrheiten über den Bagonalismus darstellen, weil dieser sich einer einzig gültigen Definition ebenso entzieht, wie es auf dieser Welt keine ganze Wahrheit je geben wird“.

Jawohl, 170 Definitionen belegen die Ernsthaftigkeit der Sache. Aber diese Ernsthaftigkeit definiert sich nicht durch den Ernst als solchen. Die Formulierungen sind meistens Dichtungen, die sich in Definitionen verdichten. Es wird auch über Dinge gedacht, die sich selbst kaum zu denken gewagt hätten: so quasi, Stiefkinder der Vernunft, über die zu denken gerade noch gefehlt hat.

Hier eine der, am häufigsten zitierten Definitionen: „Der Bagonalismus kann die Welt kaum verändern. Muss aber nicht.“

Andere Formulierungen sind wiederum bagosophischer: „Bagonalismus ist der Ausdruck für diejenige Haltung, die den Selbsterhaltungstrieb des Geistes nicht verdrängt.“

Oder: „Der Bagonalismus führt zum einfacheren Weg, die Welt nicht mehr zu verstehen und ist gleichzeitig die Kunst, diesen Weg zu meiden.“

Oder: Jede Bezeichnung, deren Erklärung Verwirrungen offen lässt, aber keine zu, ist Bagonalismus.“

Noch eine letzte: „Dem Bagonalismus sollte man keine große Bedeutung beimessen, aber er ist zu merkwürdig, als dass er überhaupt keine hätte.“

Und überhaupt: Bagonalismus entsteht oft dann, wenn man versucht ihn zu definieren. Wie man es auch dreht, es dreht sich immer irgendwie um Sinn im Unsinn. Und das Ganze ist natürlich nicht ganz ohne Humor.

Ich hoffe, dass dadurch die Frage „Was Bagonalismus sei?“ zumindest im Ansatz geklärt worden ist.

Na ja, wie gesagt, den Bagonalismus kann man eigentlich nicht erklären – er ist ein Gefühl: eine Verstärkung für das Immunsystem des Geistes im Umgang mit dem Absurden, dem Grotesken, mit dem Paradoxalen und dem Widersinnigen.

Und jetzt die Definition 171, die sich beim Schreiben des Vortrages heraus kristallisierte:

„Bagonalismus ist ein Zerrspiegel in dem sich die Realität als Wirklichkeit erkennt“.

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Das Buch „Ursprung Besenrein“ ist ein Versuch – durch das Prisma des BagonalismusScience Fiction liebevoll zu parodieren. Aus dem Inhalt der Graphik Novell geht nämlich hervor, dass wenn die Logik versagt, nur noch bagonalistisches Querdenken weiter helfen kann.

„Der Bagonalismus ist in besonderem Maße befähigt – heißt es im Buch, als einer der Avatare der Superintelligenz das Wort ergreift, um sich die Hilfe des Vorstandes des Instituts für Bagonalistik zu sichern – also,… er ist in besonderem Maße befähigt sich auf lebensnahe Teilwahrheiten zu verlassen und nicht mit einem dogmatischen Ungetüm von reiner Wahrheit die Welt verseuchen zu wollen. Das Chaos ist ein Konstruktionsprinzip über das Formale hinaus und das Absurde ist das bagonale Gestaltungsmittel des wahren Inhalts. Wir sind der Meinung, dass eure Auffassung – mit den Mitteln der Logik, die Logik zu umgehen und somit zu überwinden – einzig und allein das ALLumfassende Problem lösen kann…“

Ja, ein bisschen Größenwahnsinn ist unvermeidlich… Alles wird gut! Danke!

Frau Dr. Michaela Raß wird jetzt aus kunsthistorischer Sicht ein paar Worte über dieses Buch selbst sagen bevor ich es an der großen Leinwand präsentiere, denn ich habe es zwar gemacht, aber darüber reden – das ist nicht das selbe.

 

 

 

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